From Change to Trust - Markenentwicklung in der Professional-Services-Branche
- Friederike Sophie Foitzik, Grant Thornton
- 21. Aug.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Sept.

Friederike Sophie Foitzik ist Head of Brand Marketing bei Grant Thornton in Deutschland. Friederike studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaften sowie Politik in Berlin und Riga. Nach dem Studium arbeitete sie in der politischen Kommunikation für die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech). Anschließend wechselte sie zu den Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), wo sie Werbekampagnen für 19 Museen verantwortete. Seit 2015 arbeitet sie für Professional Service Firms, erst für CMS Hasche Sigle und anschließend für Grant Thornton.
Mit dem Rebranding im März 2022 hat sich das Prüfungs- und Beratungsunternehmen Grant Thornton der Herausforderung gestellt, eine starke und vertrauenswürdige (Arbeitgeber-)Marke im deutschen Mittelstand und bei Berufseinsteigenden und Young Professionals zu etablieren. Das Ziel war und ist es, durch gezielte Markenentwicklung Vertrauen aufzubauen und das Wachstum des Unternehmens zu unterstützen. Dieser Beitrag beschreibt Grant Thorntons Markenaufbau seit 2022 – vom Konzept bis zu den Ergebnissen.
Bewegende Zeiten: Herausforderungen & Ausgangslage für die Marke
„Tod des Oberhauptes, Reorganisation der Partnerschaft, massig Quereinsteiger, Fusionen: Wohl bei keinem anderen Prüfungs- und Beratungshaus ist in den vergangenen Jahren so viel passiert wie bei Warth & Klein Grant Thornton. In puncto Größe hat sich die Next Six-Gesellschaft schrittweise und erfolgreich von ihren Verfolgern abgesetzt. Doch manch Beobachter befürchtet, dass die Einheit an ihren eigenen Ansprüchen scheitern könnte“, so schreibt es das Branchenmagazin Juve noch im Jahr 2021. Die Herausforderungen für einen gezielten Markenauftritt la gen damit auf der Hand: Das Ver trauen in die junge Marke Grant Thornton – Warth & Klein Grant Thornton firmiert seit dem 1. März 2022 als Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – sollte aufgebaut werden: effektiv, nachhaltig und glaubwürdig.
Diese Herausforderung galt für den Kunden-Zielmarkt des gehobenen (internationalen) Mittelstandes in Deutschland und für die ebenso wachstumsimmanente und um kämpfte Zielgruppe der Beruf sein steigenden und Young Professionals. Zudem gab es von Seiten des internationalen Netzwerks Grant Thornton neue Brandvorgaben, die einzuhalten waren. Eine ganzheitliche Kampagne sollte deshalb nach innen wie nach außen gerichtet Wirkung zeigen. Dafür haben die Teams Brand Marketing, Corporate Communications, Business Development sowie Recruiting und Employer Branding Hand in Hand einen neuen Markenauftritt mit zwei abgestimmten Kampagnen geschaffen, die 2022 und 2023 ausgerollt wurden.
Kreative Leitidee: der Paradigmenwechsel
Die Imagekampagne ist in zwei Bereiche geteilt: Branding & Expertise.
Branding
Mit den Branding-Assets bedankt sich Grant Thornton wortwörtlich beim Mittelstand – drückt damit Wertschätzung gegenüber der Zielgruppe und Verständnis für deren Herausforderungen und Leistungen aus und betont die partnerschaftliche Zusammenarbeit. Die Kampagne „Danke, Mittelstand“ ist geboren. Ziel dieser Ebene ist, die Markensichtbarkeit zu steigern sowie die Unternehmenswerte und Haltung zu vermitteln.


Expertise
Die Expertise-Assets richten sich gezielt an Fokusbranchen von Grant Thornton in Deutschland. Die Headline-Mechanik der Branding Assets bleibt erhalten und zeigt auch hier eine klare Haltung von Grant Thornton zu definierten Fokus-Themen.


Employer Branding
In der Employer-Branding-Kampagne zeigt Grant Thornton Wertschätzung durch Einladung zum „Wirkung zeigen“. Auf der Branding-Ebene erfolgt auch ein Paradigmenwechsel durch den unkonventionellen Call-to-Action – „Passen wir zu Dir? Teste uns!“ Verbindendes Element beider Kampagnen ist die Headline-Mechanik, durch welche in der Employer-Branding-Kampagne Unternehmenswerte und Haltung als Arbeitgebermarke sichtbar werden. Die Themen wurden aus der Employer Value Proposition abgeleitet.
Das Herzstück der Kampagne sind die Testimonial-Assets, die eine authentische und wertschätzende Übersetzung der Employer Value Proposition mit Fokus auf Selbstwirksamkeit sein sollen. Kolleginnen und Kollegen geben Ein blick in Arbeitsweise und Kultur von Grant Thornton. Die Vielzahl der unterschiedlichen Mitarbeitenden erzeugt ein realistisches Bild für Bewerbende.
Basierend auf dem internationalen Markenkern „Go Beyond“ und mit dem Wissen, dass ganzheitliches und nachhaltiges Markenvertrau en nur dann entstehen kann, wenn Sichtbarkeit (Branding), Expertise (Kompetenzen/Themen) und persönliche Nähe (Dialoge) gemeinsam wirken, wurden sukzessive sowohl die Image- als auch Employer-Branding-Kampagne ausgerollt.


Mediale Umsetzung
Mit einem Omni-Channel-Ansatz wurden die Zielgruppen über verschiedene Kanäle wie Website, Podcasts, Social Media, Out of Home und in klassischen Medien seit 2022 (Rollout Imagekampagne) und seit 2023 (Rollout Employer Branding-Kampagne) angesprochen. In beiden Kampagnen setzt Grant Thornton stark auf seine Corporate-Farben, wählt eine klare und direkte Ansprache und verbindet das mit Botschaften, die die Unternehmenswerte und Haltung sichtbar machen.
In der Imagekampagne wurden seit 2022 jedes Jahr mediale, öffentlichkeitswirksame Peaks gesetzt. So lief die Kampagne im ersten Jahr über mehrere Wochen an den größten deutschen Flughäfen, im zweiten Jahr wurde ein Werbespot vor „Wirtschaft vor acht“ in der ARD produziert und im aktuellen Jahr 2025 läuft die Kampagne in reich weitenstarken Podcasts wie OMR, Fast & Curious, WirtschaftsWoche – Chefgespräch, Handelsblatt – Morning Briefing, Handelsblatt Today, Cicero Podcast, Der Spiegel – Acht Milliarden, Machtwechsel und Make Economy great again. Insgesamt hat die Kampagne seit dem Start im Jahr 2022 bis zum 6. Juli 2025 381 Mio. Bruttokontakte in Deutschland erreicht.
Die Employer-Branding-Kampagne wird durch die digitale Ansprache der Primärzielgruppe Young Professionals und Berufs einsteigenden, u. a. über Google Ads, Programmatic, Social, Podcasts und Youtube sowie durch Messeauftritte und persönliche Ansprachen des Recruiting-Teams ausgespielt und verlängert. Die Employer-Branding-Kampagne hat seit dem Start im Jahr 2023 bis zum 7. Juli 2025 203 Mio. Brutto kontakte erreicht.
Ergebnisorientierung Beide Kampagnen sollen einen nachhaltigen Markenaufbau in den Zielmärkten vorantreiben. Dafür wird regelmäßig eine Stichprobe im jeweiligen Zielmarkt mittels Computer Assisted Web Interview befragt. Neben qualitativen KPIs wie der gestützten und ungestützten Markenbekanntheit, Consideration und First Choice werden hier auch qualitative Eigenschaften zur Marke und den Werbemitteln abgefragt. In beiden Kampagnen sind Zuwächse bei den qualitativen KPIs zu beobachten (s. Abb. 1) – mit positiven Effekten auf die Website-Aufrufe, Social-Media-Follower und NL-Anmeldungen.
Über den Zeitverlauf der vergangenen Jahre sehen wir, dass sich die Marke qualitativ hinsichtlich der Markeneigenschaften gefestigt hat: Grant Thornton weist in Deutschland hohe Zustimmungsraten bei den Eigenschaften Qualität (4,26/5), Vertrauen (4,23/5), Verschwiegenheit (4,12/5), Kompetenz (4,01/5) auf. Alle Werte liegen über dem Durchschnitt des Branchenvergleichs. Auch bei den abgefragten Unternehmenswerten Agilität (4,13/5), Respekt (4,12/5) und Leidenschaft bei der Arbeit (4,15/5) weist Grant Thornton im Wettbewerbsvergleich positivere Werte auf. ¹
Der Umsatz von Grant Thornton in Deutschland stieg in dieser Zeit von 169 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2020/21 auf 249 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2023/24 – das bisher beste Geschäftsjahr der Unternehmensgeschichte.

Ganzheitlicher und integrierter Ansatz
Aus einer neuen Marke eine vertraute Marke zu machen, ist im Professional Services-Segment, das stark von Kontinuität und langfristigen Beziehungen lebt, besonders herausfordernd. Eine integrierte und konsistente Markenkommunikation kann genau dieses Vertrauen aufbauen und stärken. Durch die Verzahnung von Marketing, Kommunikation, Employer Branding, Recruiting und Business Development hat Grant Thornton auf einen effizienten und zielgerichteten Einsatz der Mittel über alle Kommunikationskanäle gesetzt. Statt einzelne Kampagnen nebeneinanderzustellen, schaffen Imagekommunikation, Thought Leadership und Employer Branding ein Gesamtbild der Marke. Regelmäßiges Brandtracking und Echtzeit-Optimierung der Maßnahmen sichern die Wirksamkeit systematisch ab. So werden mehrfach im Jahr die Zielgruppen befragt und damit qualitative und quantitative KPIs getrackt.
Insgesamt kann nach über drei Jahren ein positives Fazit zum Markenaufbau gezogen werden. Die Marke steht laut Befragungen in Deutschland für persönliche, agile und proaktive Prüfung und Beratung, es konnte ein Zuwachs an Bewerbungen verzeichnet werden und die Marke ist konstant gewachsen. Darüber hinaus zeigt der integrierte Ansatz, dass lokalisierte Markenentwicklung auch innerhalb globaler Strukturen erfolgreich möglich ist.
Quellen:
¹ Folgende Marken wurden berücksichtigt: PWC, Ernst& Young, KPMG, Deloitte, Rödl & Partner, BDO, RSM Ebner Stolz, Baker Tilly und Forvis Mazars. Die Befragung der Performance fand letztmalig im Juli 2025 statt und die Stichprobe umfasste 300 Teilnehmende. Personen in Unternehmen mit einer MitarbeiterInnen-Anzahl von ≥100, mit Befugnis zu Unternehmensentscheidungen.
TAKE AWAY
Markenentwicklung in drei Jahren: Strategie und Ergebnisse
Ausgangslage:
Neue Marke nach Fusion, geringes Vertrauen im Markt
Strategie:
Integrierte Kampagnen für Kunden und Bewerber mit einheitlicher Headline-Mechanik
Umsetzung:
2022: Imagekampagne (Flughäfen, TV, Podcasts)
2023: Employer Branding (digital, Messen)
Ergebnisse:
381 Mio. Kontakte (Image)
203 Mio. Kontakte (Employer Branding)
Umsatz: +47 % (169→249 Mio. Euro)
Markenvertrauen: 4,23/5
Learnings:
Sequential Branding: Erst Corporate Brand, dann Employer Brand – nicht parallel. Die zeitliche Staffelung schaff t eine solidere Basis.
Jährliche Media-Rotation: Verschiedene Kanäle pro Jahr vermeiden Gewöhnungseffekte und maximieren Aufmerksamkeit bei begrenztem Budget.
Headline-Mechanik als Klammer: Gleiche Struktur in beiden Kampagnen schafft Wiedererkennung, spart Entwicklungskosten und vereinfacht interne Abstimmungen.
Zielgruppe wertschätzen: „Danke, Mittelstand“ funktioniert im B2B besser als klassische USP-Kommunikation.
Testimonials über Corporate Messaging: Echte Mitarbeiterstatements schlagen perfekte Markenbotschaften