Corporate Influencer auf LinkedIn: Unverzichtbar für Unternehmen? Ein Erfahrungsbericht aus der Baubranche
- Judith Frese & Tanja Schaffner, BMI
- 30. Apr.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen
Von JUDITH FRESE UND TANJA SCHAFFNER
Judith Frese ist eine erfahrene Kommunikationsspezialistin mit langjähriger Expertise in der Unternehmenskommunikation. Ihr besonderes Interesse gilt der internen Kommunikation und der gezielten Positionierung von Mitarbeiter:innen als Markenbotschafter. Als Head of Communications verantwortet sie bei BMI die Kommunikation in der Region D-A-CH. Bereits 2021 entwickelte sie ein Konzept für ein Corporate-Influencer-Programm, das 2024 erfolgreich umgesetzt wurde.
Tanja Schaffner bringt umfassende Erfahrung in der Unternehmenskommunikation mit und setzt einen besonderen Fokus auf digitale Formate. In ihrer Rolle als Communications Manager bei BMI treibt sie die strategische Weiterentwicklung des Corporate-Influencer-Programms „Dachfluencer“ voran, das sie gemeinsam mit Judith Frese ins Leben gerufen hat. Ihr Schwerpunkt liegt auf der inhaltlichen Gestaltung und der digitalen Sichtbarkeit des Programms.
Im digitalen Zeitalter ist Authentizität der Schlüssel zu einer erfolgreichen Unternehmenskommunikation. Klassische Werbebotschaften allein reichen längst nicht mehr aus, um nachhaltiges Vertrauen in der Zielgruppe aufzubauen. Hier kommen Corporate Influencer ins Spiel: Mitarbeitende, die ihre fachliche Expertise und persönliche Perspektive nutzen, um ihr Unternehmen glaubwürdig zu repräsentieren. Besonders auf LinkedIn entfalten Corporate Influencer ihr volles Potential, da die Plattform den Austausch von Fachwissen und professionelles Networking fördert. Doch wie lässt sich ein Corporate-Influencer-Programm strategisch implementieren? Welche Faktoren sind entscheidend für den Erfolg?
Fachkompetenz schlägt Marketingrhetorik
Mit dem Fokus auf Fachkompetenz, Authentizität und unternehmerische Werte unterscheiden sich Corporate Influencer fundamental von klassischen Influencern, die primär auf Reichweite und Produktplatzierung setzen. Unternehmen profitieren von der hohen Glaubwürdigkeit ihrer Mitarbeitenden, die als interne Expertinnen und Experten auf Augenhöhe kommunizieren.
Entscheidend ist, dass Corporate Influencer nicht als Sprachrohr des Marketings agieren, sondern ihre individuelle Stimme bewahren. Die persönliche Perspektive und authentischen Inhalte sind es, die Reichweite und Engagement erzeugen. Erfolg auf LinkedIn entsteht insbesondere durch die Kombination aus persönlichen Geschichten, praxisnahen Einblicken, branchenrelevanten Fachbeiträgen, Interaktion und Community-Management.
Corporate Influencer sind mehr als nur ein kurzfristiger Trend – sie sind eine der wirkungsvollsten Maßnahmen für eine authentische, digitale Unternehmenskommunikation. Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden gezielt fördern, profitieren von einer gesteigerten Reichweite, höherem Vertrauen und einer stärkeren Positionierung als Branchenexperte.
Expertise sicht- und greifbar machen
Ob ein Unternehmen sich dafür entscheidet, ein Corporate-Influencer-Programm umzusetzen, hängt von vielen Faktoren ab. Um diesen Entscheidungsprozess am Beispiel von BMI zu erklären, ist es notwendig, die Rahmenbedingungen des Unternehmens näher zu beleuchten. Hier sind im Zusammenhang mit LinkedIn vor allem zwei Aspekte spannend.
Erstens gehört BMI zu der Sorte Unternehmen, die Mitarbeitenden viel bieten, die aber niemand kennt. Body-Mass-Index?
Bundesministerium des Innern? Weder noch. Die BMI Gruppe macht Dächer. BMI ist weltweit aufgestellt und in Deutschland als einziger Anbieter für Steildach- und Flachdachprodukte auf dem Markt. Klingt beim ersten Hören für Nicht-Dachexpert*innen vielleicht weniger sexy, doch als Arbeitgeber hat das Unternehmen in Sachen moderne Arbeitsbedingungen und Benefits, einiges zu bieten. Der Bedarf, dies den Talenten draußen im hart umkämpften Bewerbermarkt zu erklären, ist hoch.
Zweitens sind die Produkte von BMI erklärungsbedürftig, die B2B-Zielgruppen eher spitz. Im Unternehmen gibt es viele Expertinnen und Experten, die über tiefgreifendes technisches Know-how auf ihrem Gebiet verfügen. BMI besitzt ein Forschungs- und Entwicklungszentrum, das einzigartig in der Branche ist, und ein breit aufgestelltes Vertriebs- und Technikteam, das eine geballte Ladung Sachverstand vereint. Auch hier gibt es also viele Geschichten – Stichwort Storytelling – zu erzählen und viele Menschen richtig zu vernetzen. Für beides liegt LinkedIn nahe. Entsprechend hat BMI seit vielen Jahren auch einen Unternehmenskanal. Dieser stößt jedoch, was die Reichweite angeht, an seine Grenzen – viele Unternehmen kennen das. Denn auf der Plattform gilt vor allem die Regel: Menschen vertrauen Menschen, mehr als Marken. Das bedeutet im Klartext, dass wir auf LinkedIn die Geschichten anderer Menschen sehen möchten. Wir möchten Authentizität, Emotionen und Menschen-Geschichten – wie überall in Social Media.
Bei BMI kommt außerdem hinzu, dass die Dachbranche – also Wettbewerber, Kunden, Partner und relevante Institutionen – in den letzten Jahren auf LinkedIn immer präsenter und lebendiger geworden ist. Die Zeit war also reif für ein Corporate-Influencer-Programm. Vorrangige Ziele dabei: Brand Awareness für die Unternehmensmarke, Employer Branding und Talent Attraction sowie Social Selling.
Aller Anfang ist strategisch
Wie startet man ein Corporate-Influencer-Programm? Das war die wichtigste Frage, die sich dem Team der Unternehmenskommunikation anfangs gestellt hat. Doch der Beratermarkt ist gut ausgestattet, die Inhalte und Kontakte gut zu finden – natürlich auf LinkedIn, wo sonst? Wer also als Kommunikator*in bereits viel auf LinkedIn unterwegs ist, hat es nicht schwer, sich hier das richtige Know-how anzueignen. In einem internen Workshop mit einem externen Experten wurden erste Fragen geklärt und wurde eine Basis geschaffen, die es dem Kommunikationsteam ermöglichte, ein eigenes, zum Unternehmen passendes Konzept sowie einen umsetzbaren Fahrplan zur Einführung eines Corporate-Influencer-Programms zu erstellen.
Denn ein erfolgreiches Corporate-Influencer-Programm benötigt eine klare Strategie und gezielte Unterstützung durch die Unternehmenskommunikation.
Dabei spielen mehrere Faktoren eine zentrale Rolle:

Zieldefinition und strategische Ausrichtung
Unternehmen müssen vorab definieren, welche Ziele sie mit ihrem Corporate-Influencer-Programm verfolgen. Soll die Arbeitgebermarke gestärkt, Kundenbindung verbessert oder Fachwissen vermittelt werden? Die strategische Zielsetzung bestimmt, welche Inhalte und Formate für die Corporate Influencer relevant sind.

Schulung und Empowerment
Corporate Influencer benötigen Training und intrinsische Motivation, um ihre Rolle professionell auszufüllen. Schulungen zu LinkedIn, Storytelling und Personal Branding helfen dabei, die eigene Stimme zu entwickeln und sicher im Umgang mit digitalen Plattformen zu werden. Aber ohne eigenes Interesse wird das auf Dauer nichts.

Klare Leitlinien bei maximaler Freiheit
Die zuständige Abteilung sollte Rahmenbedingungen und Best-Practices bereitstellen, um eine konsistente Außenwahrnehmung zu gewährleisten. Gleichzeitig ist es essenziell, Corporate Influencern ausreichend Freiheit für eigene Inhalte zu geben - denn nur so bleibt die Kommunikation authentisch.

Kontinuierliche Unterstützung und interne Vernetzung
Ein Corporate-Influencer-Programm benötigt langfristige Betreuung und interne Strukturen, die den Austausch zwischen den Beteiligten fördern. Außerdem muss das Management hinter dem Vorhaben stehen.
Neben diesen Aspekten sollten für einen guten Fahrplan eines Corporate-Influencer-Programms zusätzlich die folgenden Punkte bedacht werden:
Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Rechtsabteilung und den Betriebsräten, damit auch alle wichtigen Gremien und Stakeholder an Bord
sind.
Die Auswahl der Corporate Influencer: welche Kolleg*innen eignen sich, wie wähle ich sie aus und wie viele möchte ich im Programm haben?
Hole ich mir externe Unterstützung, oder stemme ich das Programm inhaltlich und quantitativ mit internen Ressourcen?
Plattformen und Formate zum Austausch zwischen Corporate Influencern und Programmverantwortlichen sowie der Corporate Influencer untereinander.
Dranbleiben zahlt sich aus
Im Mai 2024 war der Moment der Wahrheit gekommen: der Kick-off des Programms mit rund 20 Kolleginnen und Kollegen. Wie würden die Kolleg*innen das Ganze aufnehmen? Würden sie auch nach dem ausführlichen Kick-off noch an Bord sein und motiviert für LinkedIn?
Das waren sie! Und so starteten die #Dachfluencer – den Namen haben die Teilnehmenden im Kick-off selbst gewählt – begeistert auf LinkedIn. Doch damit ist die Arbeit der Programmverantwortlichen nicht getan. Ist die heiße Phase der Workshops und Trainings vorbei, sind die ersten Posts erfolgreich abgesetzt, flacht die Motivationskurve oft ab.
Und dann heißt es, die Corporate Influencer bei der Stange zu halten. Denn eins ist ganz klar – und das gilt für alle LinkedIn-Akteure, ob Corporate Influencer oder nicht –, Aktivitäten auf LinkedIn sind ein Marathon, kein Sprint. Nach den ersten Beiträgen sind keine nachhaltigen Erfolge zu erwarten; weder auf Unternehmensseite noch bei den Corporate Influencern selbst. Hier ist ein langer Atem vonnöten, denn der Aufbau des richtigen Netzwerks und das Bekanntwerden bei den relevanten Kontakten brauchen einfach Zeit und Beharrlichkeit.
Jede und jeder hat ganz unterschiedliche Gründe, die ihr oder ihm trotz Motivation die LinkedIn-Tätigkeit erschweren. Vielen fehlt die Zeit, anderen die Ideen, anderen der Mut zur Sichtbarkeit, wieder anderen das passende Bildmaterial. Oft kommen auch mehrere Punkte zusammen. Hier hilft es, immer wieder in den Dialog zu gehen und praktische Tipps und Anregungen zu geben. Oft ist es auch wichtig, für sich die Frage nach dem inhaltlichen Schwerpunkt, der Nische, also „Wofür will ich hier auf LinkedIn stehen“, zu beantworten. Personal Branding ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der Schulung von Corporate Influencern.
Außerdem sollte auch intern immer weiter für das Thema geworben, Aufmerksamkeit geschaffen und die Unternehmensführung auf dem Laufenden gehalten werden. Das zeigt den Corporate Influencern Wertschätzung und sorgt für weitere Motivation. Darüber hinaus muss auch die Unternehmensführung wissen, welche positiven Auswirkungen das Programm für das Unternehmen hat. Im Fall von BMI zeigt/zeigte sich: Das Engagement unter den Posts der knapp 20 Corporate Influencer zusammengenommen lag im ersten Quartal nach dem Kick-off um ein fünfundzwanzigfaches höher als das Engagement mit den Posts des BMI Deutschland Unternehmenskanals im selben Zeitraum.
Die Zukunft der Dachfluencer
Bereits jetzt wird die nächste Runde geplant und an der Gewinnung und Ausbildung neuer Corporate Influencer gearbeitet. Denn LinkedIn ist für eine erfolgreiche und authentische Unternehmenskommunikation heute relevanter denn je. Unternehmen, die Corporate Influencer gezielt fördern, werden als Branchenexpert*innen wahrgenommen, gewinnen Toptalente und bauen nachhaltige Beziehungen auf. Corporate Influencer mögen aktuell noch verzichtbar sein für große und bekannte Unternehmen, sind jedoch ein großer Gewinn für viele kleine, mittlere und vor allem unbekannte Unternehmen. Diese können enorm profitieren. Wer hier nicht mitzieht, verpasst eine entscheidende Chance!
