Innovation kommunizieren ‒ Chance in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten?
- Manuela Schreckenbach & Sven Heuser, Cision
- 2. Mai
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen
Von MANUELA SCHRECKENBACH UND SVEN HEUSER
Manuela Schreckenbach ist seit 2002 bei Cision tätig und leitet seit 2022 als Head of Insights Consulting den Bereich Cision Insights in der DACH-Region. Die studierte Publizistin sammelte internationale Erfahrung durch Stationen in den USA und Großbritannien. Sie begleitet Marken und Unternehmen seit mehr als 15 Jahren mit Reputationsmessung und strategischer Beratung.

Sven Heuser unterstützt Kunden bei der Analyse und Interpretation von Kommunikations- und Mediadaten. Seitdem er 2019 bei Cision einstieg, hat er komplexe Datenanalysen durchgeführt und Medienlandschaften ausgewertet, um fundierte Entscheidungsgrundlagen für Kunden zu schaffen. Zuvor verantwortete er die tägliche Medienbeobachtung und die Erstellung von Medienberichten.
Innovation steht für neue Lösungen, die einen bedeutenden, konkreten Mehrwert schaffen sollen. Damit ist die Innovationskraft und deren professionelle Kommunikation ein entscheidender Faktor für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Mit diesem Thema spricht die Unternehmenskommunikation alle Stakeholder an, vom Shareholder bis zum Mitarbeitenden schafft es Zuversicht: Innovationskommunikation als Ressource – besonders in turbulenten Zeiten.
Die Kommunikation von Innovationen vermittelt den Kunden, Investoren und Mitarbeitenden einen Eindruck der geplanten, zukünftigen Entwicklung eines Unternehmens. Denn die Innovationen in der Pipeline lassen erkennen, wie gut ein Unternehmen auf die Zukunft vorbereitet ist und ob dessen Kunden weitere Mehrwerte erwarten können. Gerade in volatilen und unsicheren Zeiten schaffen Innovationen Vertrauen und Zuversicht, und das in besonderem Maße, wenn Unternehmen starke Narrative nutzen, die technologische Konzepte mit menschlichen Geschichten verbinden. Diese Narrative wirken sich auch intern auf die Unternehmenskultur aus und fördern die Bereitschaft der Mitarbeitenden, neue Technologien anzunehmen und aktiv mitzugestalten.
Beispielsweise hat dies einem Automobilproduzenten während der globalen Wirtschaftskrise 2008/2009 geholfen. Während die Tonalität der allgemeinen und wirtschaftlichen Berichterstattung über das Unternehmen deutlich schlechter wurde, blieb die Tonalität bei Artikeln über Innovationen des Unternehmens so positiv wie vor der Krise. Als dann die Erholungsphase begann, vervielfachten sich die Berichte über Innovationen des Unternehmens – bewusst und clever gesteuert von der Unternehmenskommunikation. So ist in den Köpfen der Stakeholder eine Vorstellung von einer erfolgreichen Zukunft entstanden.
KI kommt in den Unternehmen an
Innovation ist heute meistens mit Digitalisierung und im Speziellen mit Künstlicher Intelligenz (KI) verbunden. Die Unternehmen haben dies erkannt, wie ein Blick auf den „Dax Digital Monitor“ der FOM Hochschule und Universität Duisburg-Essen zeigt: Das Thema „Künstliche Intelligenz“ ist bei 95 Prozent aller Dax-40-Unternehmen in den Geschäftsberichten angekommen. Bei Patenten in Bezug auf KI steht Deutschland laut Prof. Dr. Dr. Lars Feld weltweit auf den dritten Platz nach den USA (Platz 1) und China, das auf dem zweiten Platz liegt. Doch nutzen die Unternehmen dieses Potenzial für ihre Kommunikation?
Wertversprechen statt Werbesprüche
Laut einem Ranking von eisbach partners investieren die Dax-Firmen insgesamt stärker in Innovation. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) stiegen zwischen 2021 und 2023. Entsprechend erwarten die Stakeholder konkrete Ergebnisse und Pläne über die kommenden Innovationen und den Mehrwert, den diese schaffen sollen.
Bei der Vermittlung strategischer Innovationsthemen nehmen die CEOs eine zentrale Rolle ein. Dabei erfordern oftmals hochkomplexe technologische Zusammenhänge Anschaulichkeit und eine präzise Sprache.
Eine besonders präsente Stimme ist derzeit der CEO der Deutschen Telekom, Tim Höttges, der Innovation und KI nicht nur auf LinkedIn zur Chefsache macht. Einer seiner neueren Posts startet mit den Worten „In der heutigen schnelllebigen Welt ist Innovation nicht nur ein Schlagwort, sondern sie treibt die Transformation von Branchen voran. Dabei ist Innovation kein Selbstzweck, sondern die Zukunft unseres Geschäfts.“
Die „CIO Agenda“ der Hackett Group kommt zum Ergebnis, dass 89 Prozent der befragten Unternehmen in diesem Jahr Initiativen rund um generative KI vorantreiben, deutlich mehr als noch im Jahr zuvor. Teilgenommen haben mehr als 300 Entscheider aus Nordamerika, Asien und Europa. Dabei soll die generative KI handfesten Mehrwert für das Business schaffen: eine bessere Lieferqualität, eine höhere Prozess- und Mitarbeiterproduktivität sowie optimierte Kunden- und Mitarbeitererlebnisse.
Dabei ist der Einsatz von KI einerseits für die Steigerung der Effizienz in der Administration und Produktion notwendig, was aber oft nicht als wirklich innovativ wahrgenommen wird. Effizienzsteigerungen haben meist einen Hygieneeffekt. Andererseits sollen „echte“ Innovationen neue Märkte oder neue Kundengruppen erschließen und Mehrwerte für Kunden schaffen, die über die Preisgestaltung hinausgehen. Viele Unternehmen arbeiten an solchen Themen, gehen Partnerschaften ein und kommunizieren ihre Fortschritte aktiv. Auch die neue Regierung in Deutschland will Innovation durch KI und Digitalisierung fördern und die Rahmenbedingungen dafür verbessern.
Anteil von „Innovation“ an der gesamten Kommunikation
Mit Brandwatch Consumer Research haben Experten die Berichterstattung in Print-, Online- und sozialen Medien im Zeitraum von Juli 2024 bis März 2025 analysiert und bei den führenden Unternehmen gemessen, welchen Anteil die Innovationskommunikation an der Gesamtkommunikation eines Unternehmens hat. Bei den produzierenden Unternehmen belegen Infineon, Merck und Siemens die ersten drei Plätze (s. Abbildung 1).

Fast ein beeindruckendes Viertel der gesamten Berichterstattung über Infineon bezieht sich auf Innovationen und KI. Beispielsweise hat Michael Kroker im November 2024 in der WirtschaftsWoche der „Innovation von Infineon“ einen kompletten Beitrag gewidmet: Neue, energiesparende Chips versprechen ein Milliardengeschäft. Er beschreibt die Technologie, deren mögliche Einsatzgebiete und Mehrwerte, im ersten Schritt für die Energieeffizienz von KI-Servern. Zum Abschluss des Artikels weist Michael Kroker auf weitere, geplante Innovationen von Infineon hin. Eine gelungene Innovationskommunikation, gerade auch, weil das Thema mit weiteren Veröffentlichungen eine große Reichweite erzielt hat. Das Beispiel zeigt:
Innovationskommunikation wirkt immer dann, wenn Unternehmen sie als langfristiges Konzept verstehen und strategisch punktuell hochfahren.
Weitere Beispiele für gelungene Innovationskommunikation: Merck sprach beispielsweise über eine strategische Partnerschaft mit Siemens, welche die digitale Transformation in der Produktion vorantreiben soll. Eine strategische Zusammenarbeit sind auch Bertelsmann und OpenAI eingegangen, um mit KI neue Angebote für die Branchen Medien, Dienstleistungen und Bildung zu entwickeln. Beispielsweise sollen gemeinsam neue Möglichkeiten zur Erstellung und Distribution von Video-, Audio- und Text-Inhalten gefunden werden. Und Henkel hat im Januar zur CES® 2025 die Smartwash™-Technologie vorgestellt, ein KI-gestütztes Waschmitteldosiersystem für Waschmaschinen und Geschirrspüler.
Bedeutend für alle Branchen
Nicht nur produzierende Unternehmen punkten mit langfristiger, derzeit KI-fokussierter Innovationskommunikation, sondern auch dienstleistende Unternehmen. Doch im Durchschnitt ist der Anteil der Innovationskommunikation bei den Dienstleistern etwas geringer – mit einer Ausnahme: Über den Spitzenreiter SAP wird zu 33,7 Prozent in Zusammengang mit Innovation berichtet (s. Abbildung 2). Parallel hat sich der Softwareriese auch zum wertvollsten Unternehmen in Europa entwickelt. Dies könnte ein Beispiel für gelungene Innovationskommunikation sein – die immer auch eine langfristige Strategie und dauerhafte Umsetzung benötigt.

In Bezug auf SAP berichteten die Medien beispielsweise über eine neue Plattform für KI, mit der Unternehmen ihre Daten noch besser nutzen können. Der CEO Christian Klein spielt als Sprecher für SAP eine bedeutende Rolle und ordnet die Innovationen immer wieder ins Marktgeschehen ein. Die Telekom hat beispielsweise ein Smartphone vorgestellt, dessen Startbildschirm von einer KI dominiert wird statt von einer langen App-Liste. Und der Modehändler Zalando baut seine KI-gestützten Services weiter aus: Personalisierte Modeberatung und Trendanalysen sind in zahlreichen Märkten verfügbar, wie berichtet wird. Alles dies sind Höhepunkte, die sich in einer Kette aus Innovationen einordnen lassen – insgesamt wirken die Berichte positiv auf die Stakeholder, ganz gleich wie das Umfeld aussieht.
Kurz gesagt: Eine durchdachte Kommunikationsstrategie zu Innovation und KI ermöglicht es Unternehmen, sich im Wettbewerb zu differenzieren und bei allen Stakeholdergruppen positiv zu positionieren. Nicht die technologische Lösung allein, sondern die Art, wie sie kommuniziert und in einen größeren gesellschaftlichen Kontext eingebettet wird, schafft einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Die Kommunikation muss den Mehrwert einer Innovation verdeutlichen, und dann entsteht Zuversicht. Immer wieder.