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„Wir werden Lösungen nur selten in der eigenen Bubble finden“

  • Prof. Dr. Ansgar Zerfass, Universität Leipzig
  • 21. Aug.
  • 10 Min. Lesezeit

Quelle: Jonas Ratemann
Quelle: Jonas Ratemann

Professor Dr. Ansgar Zerfaß ist Professor für Strategische Kommunikation am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig und zählt zu den führenden Köpfen der Branche. Zuvor war der promovierte Betriebswirt und habilitierte Kommunikationswissenschaftler über ein Jahrzehnt in leitenden Positionen in der Wirtschaft tätig. Neben seiner Professur leitet Zerfaß Executive Kurse an der BI Norwegian Business School in Oslo und an der Rotterdam School of Management. Er ist Mitinitiator des Transfermagazins Corporate Communication Review. Als Studienleiter des European Communication Monitor prägt er die Debatte um Trends und Herausforderungen in der Unternehmenskommunikation. Zudem ist er Vorsitzender des Executive Boards der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation – eines Netzwerks führender Universitäten und internationaler Unternehmen, das Forschung und Wissenstransfer an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis fördert.



Herr Professor Zerfaß, der Begriff „Integrierte Kommunikation“ ist allgegenwärtig, doch man merkt in Gesprächen immer wieder: Es scheint keine einheitliche Auffassung zu geben, was damit genau gemeint ist. Können Sie eine Definition geben?

Ansgar Zerfaß: Das ist tatsächlich so. Man hört nicht nur leicht unter schiedliche Auffassungen, sondern teils völlig verschiedene Verständnisse – je nachdem, mit wem man spricht. Wenn man es zusammenfassen möchte, dann ist integrierte Kommunikation sowohl ein Koordinationsprozess als auch dessen Ergebnis. Dabei kann man vier Dimensionen unterscheiden. Erstens verstehen viele unter integrierter Kommunikation klassisch die Abstimmung von Kommunikationsaktivitäten und der dabei vermittelten Inhalte über verschiedene Medien und Zielgruppen hinweg. Die zweite Dimension betrifft die Koordination der Managementprozesse, die notwendig sind, um professionell kommunizieren zu können – also die Frage, ob interne Abläufe aufeinander abgestimmt sind. Ein weiterer Fokus liegt auf den zugrunde liegenden Strukturen und Techno logien, beispielsweise Fragen der Governance, des Zuschnitts von Abteilungen und des Datenzugriffs. Und schließlich geht es in der vierten Dimension um die Ziele: Sind die Ziele, auf die Kommunikationsaktivitäten ausgerichtet sind, miteinander abgestimmt? Und wie versucht man, diese mit der Unternehmensstrategie in Einklang zu bringen und den Erfolg zu messen? In der Praxis wie in der Forschung werden häufig nur einige dieser Dimensionen betrachtet – selten das große Ganze. Das erklärt, warum verschiedene Gesprächspartner unterschiedliche Schwerpunkte hervorheben. Das ist zunächst nicht falsch, führt aber dazu, dass man zum Teil über verschiedene Dinge spricht.

Wie wirken sich unterschiedliche Verständnisse integrierter Kommunikation auf die Zusammenarbeit in der Praxis aus?

Ansgar Zerfaß: Es wird immer so sein, dass nicht nur unterschiedliche Perspektiven eingenommen werden, sondern dass zwischen diesen auch ein gewisser Wett streit stattfindet. Die entscheidende Frage für Kommunikationsverantwortliche lautet daher: Wo legt man den Schwerpunkt?

Das hängt stark vom Verantwortungsbereich sowie dem persönlichen und beruflichen Hintergrund der handelnden Personen ab. Wer beispielsweise aus dem Journalismus oder der Werbung kommt und sich primär mit Content-Erstellung befasst, wird bei integrierter Kommunikation häufig an crossmediales Storytelling oder Newsroom-Konzepte denken.

Ganz anders schaut die Unternehmensführung auf das Thema.

Hier richtet sich der Blick stärker auf Zielkonflikte, strategische Widersprüche und die Frage, wie sich Kommunikationsziele und KPIs über alle Einheiten hinweg konsistent definieren und koordinieren lassen. Die Annahme ist dann: Wenn es gelingt, ein gemeinsames Zielverständnis herzustellen, klären sich viele operative Fragen im Anschluss fast von selbst. Diese Unterschiede sehen wir in der Praxis sehr deutlich. Das ist vollkommen nachvollziehbar, denn Kommunikation hat in Unternehmen viele Facetten.

Sind diese Differenzen der Grund, warum sich Unternehmen mit integrierter Kommunikation immer noch schwertun?

Ansgar Zerfaß: Die Praxis wird sich mit dem Thema immer schwertun. Das liegt an einer sehr grundlegenden Überlegung: Wenn wir über Integration und Koordination sprechen, geht es um ein soziologisches Grundproblem, für das es keine simple Lösung gibt.

Die zentrale Frage ist, wie man angesichts einer Vielzahl von Beteiligten, Ressourcen und Handlungsoptionen das bestmögliche Ziel erreicht.

Dazu muss man Aufgaben aufteilen und die dabei notwendigerweise entstehenden Fliehkräfte wieder einfangen. Die Frage von Arbeitsteilung und Integration ist schon immer eine universelle Herausforderung für Organisationen und letztlich für die ganze Gesellschaft. Für die Lösung dieses Grundproblems gibt es stets Alternativen. Eine Planwirtschaft löst Verteilungsfragen anders als eine Marktwirtschaft. Ein genossenschaftlich geführtes Unternehmen koordiniert die Interessen der Eigentümer anders als eine Aktiengesellschaft. Und Abteilungen kann man ebenso administrativ-hierarchisch wie durch agile Prozesse steuern. Alle Ansätze lösen das Integrationsproblem auf unterschiedliche Weise.

Hinzu kommt, dass sich die Rahmenbedingungen für Arbeitsteilung und Integration im Laufe der Zeit ständig gewandelt haben. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Die technologische Unterstützung durch Künstliche Intelligenz eröffnet neue Möglichkeiten zur Gestaltung von Koordinationsprozessen, die früher undenkbar waren. Genau deshalb ist das Thema Integration – nicht nur, aber auch im Kontext der Kommunikation – kein abgeschlossener Zustand, sondern eine fortlaufende Entwicklung. Eine „ongoing journey“, die es immer gab, die es immer geben wird und für die es immer verschiedene Lösungen geben wird.

Das Grundproblem ist also bekannt, die Diskussion über Integration in Soziologie und Managementforschung schon lange präsent. Wo liegen die Ursprünge dieser Diskussion im Kommunikationsbereich?

Ansgar Zerfaß: Diese Diskussion hat in der deutschsprachigen Marketing- und PR-Debatte eine lange Tradition. Seit den 1990er-Jahren ist integrierte Kommunikation immer wieder präsent. Zunächst wurde das Thema aus der Marketingperspektive vorangetrieben – sowohl in der Praxis als auch in der Forschung. Wegweisend waren dort die Studien von Don Schultz in den USA und Manfred Bruhn im deutsch sprachigen Raum. Die Motivation war pragmatisch: Die Zahl der Kommunikationsmittel wuchs, mit dem Internet und den ersten Online-Medien kamen neue Kanäle hin zu. Gleichzeitig begann eine Differenzierung der klassischen Werbung.

Man erkannte: Wenn mehr Kanäle genutzt werden, müssen die Werbebudgets sinnvoll aufgeteilt und effizienter gesteuert werden, denn bei den Rezipienten führte die Zersplitterung dazu, dass Botschaften nicht mehr durchkommen. Dafür brauchte es neue Koordinationsansätze und Planungsmodelle. Im Mittelpunkt stand also zunächst die erste Dimension, die der Kommunikationsinhalte.

Wie sieht das heute aus?

Ansgar Zerfaß: Die Diskussion ist inzwischen deutlich breiter und interdisziplinärer, sowohl hierzulande als auch international. Es geht längst nicht mehr nur um die Optimierung von Kampagnen und Mediabudgets. Aus der Perspektive der strategischen Kommunikation wird das Thema holistischer betrachtet: Welche Prozesse und Ziele sind notwendig? Wie müssen die Strukturen für sinnvolle Koordination aussehen? Darauf hatten wir in einem ersten Sammelband zum integrierten Kommunikationsmanagement aus Sicht der Kommunikationswissenschaft und Betriebswirtschaftslehre schon 1995 hingewiesen.

Seitdem wurden schrittweise immer mehr der einleitend genannten Dimensionen erkundet, bis hin zu der Frage nach kulturellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten der beteiligten Kommunikationsprofis. Das betrifft beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen klassischen PR-Abteilungen, in den oft ehemalige Journalistinnen und Journalisten arbeiten, und kundenorientierten Teams in Marketingbereichen.

Es gibt oft recht divergente Verständnisse von Kommunikation und eine unterschiedliche Affinität zu datengetriebenen Entscheidungen. 

Beides unter einem Dach zu vereinen oder auch nur dauerhaft abzustimmen, erfordert ganzheitliches Denken, Führungsstärke und einen langen Atem.

Eine der Lösungen, die besonders gehypt wurden, waren vor ungefähr 15 Jahren Newsrooms.

Ansgar Zerfaß: Newsrooms wurden damals groß propagiert und von vielen Unternehmen eingeführt. Natürlich gibt es weiterhin Berater und Entscheider, die einen Newsroom als das zentrale Instrument zur Integration der Unternehmenskommunikation sehen und dafür werben. Es gibt aber auch viele, die ihre Newsrooms wieder abgeschafft haben und offen sagen: „Ich habe es ausprobiert und festgestellt, dass es so nicht funktioniert oder nicht das ist, was wir brauchen.“ Das bestätigt wieder: Es gibt keine Patentlösung. Ähnlich wie beim Thema Agilität lässt sich sagen, dass Newsrooms in manchen Organisationen und Situationen sehr gut passen, in anderen aber weniger. Das ist normal und entspricht der Vielfalt und Komplexität der Kommunikationspraxis.

Gibt es aus Forschungssicht nachweisbare Effekte von integrierter Kommunikation auf den Erfolg von Unternehmen?

Ansgar Zerfaß: Einen allgemeingültigen Nachweis gibt es nicht. Es kann ihn auch nicht geben, denn man muss Ziele, Strukturen, Steuerung und Umsetzung der Kommunikation immer im Kontext des jeweiligen Unternehmens, seiner Strategien und seiner Stakeholderumwelt betrachten. Wer die Integrationsaufgabe in allen Dimensionen gut löst, wird immer erfolgreicher sein als andere. Aber wie das konkret aussieht, kann sehr unterschiedlich sein. Zur Frage, wie sich Effekte nachweisen lassen: Alle Versuche, komplexe Wirkungskonstrukte wie etwa Reputation, Vertrauen oder das Engagement von Mitarbeitenden auf einzelne Integrationsmaßnahmen zurückzuführen, sind zum Scheitern verurteilt. Es ist aber möglich, Teilaspekte zu untersuchen. Die klassische Marketing- und Kommunikationsforschung zeigt beispielsweise – wenig überraschend –, dass eine zeitlich und inhaltlich abgestimmte Kommunikation einen höheren Erinnerungswert erzeugt. Das kann zum Beispiel für Themen wie CSR-Kommunikation oder Produktbotschaften nachgewiesen werden. Ebenso kann man analysieren, ob sich bei der Texterstellung die inhaltliche Konsistenz erhöht und die Durchlaufzeiten sinken, wenn man ein konzernweites Redaktionssystem und eine Newsroom-Organisation nutzt.

Was beschäftigt die Forschung zu integrierter Kommunikation aktuell?

Ansgar Zerfaß: Das Thema integrierte Kommunikation ist nach wie vor ein Dauerbrenner in der Forschung. Es wird stark davon getrieben, dass sich in der Praxis die Parameter laufend verändern. Im Kommunikationsmanagement greifen wir auch oft Diskussionen in anderen Disziplinen auf. Ein Beispiel dafür ist Agilität. Nachdem das Thema in der Managementlehre bereits ausführlich behandelt wurde, wurde es wenig später auch in der Kommunikationsforschung und -praxis behandelt. Unabhängig davon gibt es immer wieder spannende Veröffentlichungen zum Thema, kürzlich etwa eine von den Kollegen Peter Winkler und Olaf Hoffjann, die aus einer Metaperspektive fragen, warum wir seit 30 Jahren über integrierte Kommunikation reden, aber diese selten gelingt. Ein Grund ist, wie von mir bereits erwähnt, dass sich die Rahmenbedingungen in der Praxis laufend ändern und die Perspektiven vielfältig sind. Andererseits gibt es mikropolitische Hürden: Wenn man integrierte Abteilungsstrukturen und Technologien einführt, entstehen oft Konflikte, weil einige Mitarbeiter Macht oder Aufgaben verlieren. Das ist letztlich aber auch kein originäres Kommunikationsproblem, sondern eine allgemeine Herausforderung bei Veränderungsprozessen.

Gibt es spezielle Themen, die Sie derzeit für wichtig erachten?

Ansgar Zerfaß: Wir beschäftigen uns in der Forschung derzeit mit zwei Fragestellungen, die für die Praxis wichtig sind und zugleich einen Beitrag zum internationalen Fachdiskurs leisten.

Erstens geht es um die oft vernachlässigte Integration des Corporate Listening. Traditionell dreht sich bei der integrierten Kommunikation alles um das Messaging, also die Produktion und Ausspielung von Content und wie man dies durch gemeinsame Strukturen, Prozesse und Zielvorgaben koordinieren kann.

Viel seltener im Fokus, doch ebenso relevant für Unternehmen ist das Zuhören:

Wie erfasst man, was Stakeholder und Rezipienten wirklich wollen? Ein koordiniertes Listening im Sinne des systematischen Zuhörens und Auswertens von Feedback aus unterschiedlichen Quellen findet selten statt.

Die Digitalisierung und KI bieten hier viele Möglichkeiten. In der Praxis sind die Datenpools aber oft getrennt, sie liegen in verschiedenen Abteilungen und können aus mikropolitischen Gründen oder aufgrund von Datenschutzbestimmungen nicht einfach zusammengeführt werden. Zudem existieren kaum gemeinsame Standards für Erhebungsmethoden und Kennzahlen. Und man ist oft auf externe Dienstleister angewiesen, die wenig Interesse haben, sich auf gemeinsame Standards zu einigen – was das Thema weiter verkompliziert.

Ein zweites Thema betrifft eine erweiterte und realistischere Betrachtung der Akteure von integrierter Kommunikation im Unternehmen. Häufig denkt man dabei nur an einschlägige Fachabteilungen für Marketing- und Unternehmenskommunikation. Kommunikation im Namen des Unternehmens findet aber auch in anderen Bereichen und auf sehr vielen Ebenen statt:

Auch Vorstand, Führungskräfte und sonstige Mitarbeiter kommunizieren mit Stakeholdern und beeinflussen deren Wahrnehmung in erheblichem Umfang. 

In Deutschland existieren beispielsweise über 300 institutionalisierte Corporate-Influencer-Programme, die Mitarbeiter als Botschafter in deren jeweiligem Mikrokosmos aktivieren. Diese sind sehr unterschiedlich organisiert, werden von unterschiedlichen Abteilungen betrieben, laufen teilweise sogar parallel in einem Unternehmen, mit verschiedenen Zielen und ohne klare Abstimmung.

Wenn wir über integrierte Kommunikation nachdenken, muss man daher fragen: Wie passt das alles zusammen? Wie lassen sich Ziele definieren und Wirkungen messen? Und wie kann das alles in den vier einleitend genannten Dimensionen optimiert werden?

Würden Sie sagen, dass andere Länder bei diesem Thema international weiter sind als die Unternehmen in Deutschland?

Ansgar Zerfaß: Nein, das ist nicht so. Das zuletzt genannte Phänomen der Corporate Influencer ist sogar in Deutschland präsenter als anderswo. Demgegenüber wird die Rolle von CEOs als Kommunikatoren in den USA stärker diskutiert und analysiert. Das liegt auch an den unterschiedlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder und an der Struktur der Wirtschaft – bei uns gibt es viele kleine und mittlere Unternehmen und solche im Familienbesitz, die anders kommunizieren. Man sollte bei Vergleichen oder Verallgemeinerungen also vorsichtig sein.

Sie beobachten die Branche schon lange. Gibt es etwas, das Sie heute noch überrascht?

Ansgar Zerfaß: Was mich wirklich erstaunt, ist, wie wenig das inzwischen vorhandene Wissen zum Kommunikationsmanagement in der Breite der Profession bekannt ist und genutzt wird.

Es scheint so, als ob das Rad immer wieder neu erfunden wird und überholte Weisheiten propagiert werden, obwohl vieles längst bekannt oder auch widerlegt ist. 

Wir verfügen heute über deutlich mehr Wissen zu professionellem Kommunikationsmanagement als früher – in Praxis, Wissenschaft und Ausbildung. Dieser Fortschritt ist beachtlich, teilweise größer als in anderen Disziplinen. Das liegt daran, dass die systematische Beschäftigung mit dem Thema in der Forschung noch relativ jung ist. Der erste Lehrstuhl im Fach in Deutschland wurde 1994 in Leipzig eingerichtet – Fächer wie Marketing oder Personalmanagement sind viel etablierter und institutionell breiter verankert.

Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass es im Branchendiskurs vielfach immer noch an kritischer Reflexion und Skepsis fehlt, insbesondere wenn es um vermeintliche Trends, Studienergebnisse oder selbsternannte Experten geht. Vieles, was in Fachmedien und auf Tagungen aufgegriffen wird, ist gut gemachtes Framing und Storytelling, aber nicht so belastbar wie das, was in anderen Bereichen der Wirtschaft üblich ist. Dass Studien ein etabliertes PR-Instrument sind, ist nicht neu – daran sollten wir uns erinnern, wenn wir manche Erhebungen einschlägig interessierter Agenturen und Organisationen lesen.

Andererseits erlebe ich aber auch, dass die Zahl derer, die Kommunikation und Management ganzheitlich betrachten und auf einen differenzierten Austausch jenseits des Nachahmens von Best Practices setzen, in der Profession kontinuierlich wächst. Das ist ein gutes Zeichen.

Inwiefern würden Sie sagen, sollte die Stimme der Wissenschaft dafür mehr gehört werden?

Ansgar Zerfaß: An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis haben wir gemeinsam noch großes Potenzial.

Dass das vorhandene, praxisrelevante Wissen international noch nicht ausreichend verankert ist, ist ein systemisches Problem. 

Die Betriebswirtschaftslehre und mit ihr die Managementforschung hatte immer das Ziel, nicht nur zu beobachten, sondern auch konstruktive Denkwerkzeuge und Lösungen für die Praxis zu erarbeiten. Weite Teile der Kommunikationswissenschaft treten dagegen der Unternehmenspraxis gegenüber traditionell kritisch und distanziert auf. Das macht es für anwendungsorientierte Teildisziplinen im Wissenschaftssystem nicht leicht. Für Forschungsprojekte rund um politische Kommunikation, Gesundheitskampagnen, Wissenschaftskommunikation, Fake News oder Mediennutzung kann man Fördermittel einwerben oder in Top-Journals publizieren. Für Forschung aus Sicht der Kommunikatoren in Unternehmen gilt das bis heute nicht.

Doch auch hier gilt: Es gibt inzwischen international eine Reihe von Protagonisten sowie Stiftungen, die das erkannt haben und den Transfer vorantreiben. Von diesem Austausch haben alle etwas: Die Forschung bekommt Zugang zu aktuellen Fragen der Praxis, Letztere profitiert von der wissenschaftlichen Untersuchung praxisrelevanter Themen. Auch bietet sich so die Möglichkeit, wertvolle Ressourcen und Kontakte für Studierende zu schaffen.


Haben Sie abschließend einen Rat für die Branche?

Ansgar Zerfaß: Egal, welchen Aspekt man betrachtet, ob es um integrierte Kommunikation oder allgemeine Themen des Kommunikationsmanagements geht: Ich denke, es ist wichtig, die Grenzen der eigenen Profession zu überwinden. Wir werden Lösungen nur selten in der eigenen „Bubble“ finden. Es lohnt sich zu prüfen, wie ähnliche Herausforderungen in anderen Disziplinen und in der Wissenschaft diskutiert werden – denn Kommunikation ist letztlich immer eingebettet in das, was Menschen, Organisationen und Gesellschaften insgesamt prägt.


Die Fragen stellten Gregor Vischer und Maike Weismantel.


Quelle: Jonas Ratermann
Quelle: Jonas Ratermann

TAKE AWAY


(K)ein Problem der Kommunikation

Integration ist ein Grundproblem der Gesellschaft, des Managements und damit auch der Kommunikation. Die Wege zur Lösung sind vielfältig und stark geprägt vom jeweiligen Hintergrund der Akteurinnen und Akteure. Ursprünglich stammt die Debatte in der Kommunikation aus dem Marketing und fokussierte sich vor allem auf die Abstimmung von Inhalten. Heute wird integrierte Kommunikation zunehmend als strategisches Managementthema verstanden, wobei zwischen vier Dimensionen unterschieden werden kann:


  • Inhalte:

    Botschaften über alle Kanäle abstimmen


  • Prozesse:

    interne Abläufe zwischen Abteilungen koordinieren


  • Strukturen:

    Governance, Daten und Technologie verzahnen


  • Ziele:

    Kommunikationsziele an der Unternehmensstrategie ausrichten


Die Patentlösung? Gibt es nicht, auch wenn in der Branche mitunter anderes suggeriert wird. Integration ist und bleibt eine fortlaufende Aufgabe – differenziert, vielschichtig und kontextabhängig. Erfolgreiche Integration erfordert den Blick über den Tellerrand – in andere Unternehmensbereiche, Disziplinen und zur Wissenschaft.




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