Hat jemand Newsroom gesagt?
- Statements
- 21. Aug.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Sept.

Content-Desks, Echtzeit-Dashboards und jetzt aktuell KI-Tools: In der Kommunikationsbranche wird der „Newsroom" immer wieder als das Heilsversprechen für integrierte Kommunikation diskutiert. Wer will das nicht? Doch der Newsroom-Boom in den 2010ern zeigte: Software und Screens allein reißen keine Silos ein. Worauf kommt es für erfolgreiche Integration wirklich an? Elf Kommunikationsprofis liefern persönliche Antworten zwischen Struktur, Kultur und Leadership.
Waldemar Oldenburger, Dachser

Besonders in einer Restrukturierungskrise wurde mir die Bedeutung integrierter Kommunikation deutlich. Als die Kündigung einer Standortvereinbarung kommuniziert
werden musste. Obwohl nur ein Teil der Belegschaft betroffen war entschieden wir uns bewusst dafür, alle Mitarbeitenden an allen Standorten offen und transparent zu informieren. Uns war klar, dass der Betriebsrat die Verunsicherung für sich nutzen würde. Tatsächlich veröffentlichte er wenige Tage später ein Flugblatt, das auch an die Medien ging. Doch durch unsere proaktive Kommunikation hatten wir bereits Vertrauen aufgebaut und Unsicherheiten adressiert. Die Mitarbeitenden hatten keine offenen Fragen – es kamen nur Anfragen von Seiten der Medien. Dieser Moment zeigte mir eindrücklich: Nur wenn Kommunikation integriert gedacht wird, und entsprechend orchestriert und zielgruppengerecht erfolgt, kann sie wirklich Wirkung entfalten.
René Ziegler, Exyte

Wir haben Newsrooms kommen
und gehen sehen. Der Gedanke
war gut, die Umsetzung nicht frei
von Herausforderungen. Heute wissen wir: Integrierte Kommunikation ist mehr als runde Desks, große Screens und Echtzeitdaten. Es ist ein Mindset. Die Frage lautet nicht mehr „Wie organisieren wir Inhalte?“, sondern „Wie orchestrieren wir Perspektiven und Anspruchshaltungen, die auch außerhalb der Kommunikation entstehen?“ DieVUCA-Welt hat die VUCA-PR geboren. Richtig gesteuert, wird Kommunikation wieder strategisch; weg vom Selbstbespiegeln hin zur Koordination an der operativen Front. Form follows function gilt auch hier: Ohne klares Ziel, keinetragfähige Struktur. Es braucht Strategie, Koordination, Verantwortung – und Führung.
Nadine Remus, GEMA

Der klassische Newsroom braucht ein neues Betriebssystem. KI-gesteuerte Plattformen, sinkendes Medienvertrauen und extrem fragmentierte Zielgruppen verändern die Logik von Kommunikation fundamental. Ebenso wie die personalisierte Echtzeit-Kommunikation über Corporate Influencer. Im Unternehmen entstehen deshalb dezentrale Micro-Kommunikations- Hubs. Sie punkten durch fachliche Nähe, Ownership und Schnelligkeit, agieren autonom und wissen, was ihre Zielgruppen bewegt. Corporate Communications muss sich also zum Meta-Hub entwickeln: mit klarer Governance und konsequentem Alignment verknüpfen wir Narrative, entdecken Risiken und Inkonsistenzen und sichern das Big Picture. Ich verstehe die Kolleg* innen der Corporate Comms als Business Partner. Sie beraten, befähigen und gestalten als strategisch denkende Expert*innen mit tiefem Verständnis für die Themen und Ziele der Fachbereiche, die sie begleiten – eingebettet in eine Kultur der Kollaboration.
Jens Katemann, Volkswagen

Integrierte Kommunikation gelingt, wenn alle im Projekt die Ziele und KPIs kennen – und datenbasiert daran arbeiten. In der Volkswagen-Markenkommunikation steuern wir das im Project Approval Committee (PAC), wo Kollegen aus Kommunikation, Marketing und interner Kommunikation ihre Themen gemeinsam pitchen. Im Comms & Content Committee (CCC) orchestrieren wir dann kanalübergreifend die Maßnahmen. Aus meiner Sicht braucht es klare Strukturen, wenige, aber wirksame Gremien – und vor allem Vertrauen, Offenheit und Unternehmertum. Und für mich ganz wichtig, Erfolge gemeinsam feiern. Es gibt aber auch Situationen, in denen eine Idee nicht abteilungsübergreifend mehrheitsfähig ist. Dann braucht es Mut, Ideen alleine umzusetzen, statt sich im kleinsten gemeinsamen Nenner zu verlieren
Stephanie Schunck, RWE

Unternehmenskommunikation ist
viel mehr als Content-Produktion
in Newsrooms. Es geht um Stakeholder Management - den Dialog mit Medien, Politik, Unternehmen, Gesellschaft, Nachbarschaft und Mitarbeitern. Nicht nur zu tagesaktuellen Themen, sondern zu großen gesellschaftlichen Trends und Herausforderungen. Für glaubwürdige Kommunikation braucht es Transparenz - zwischen allen Kommunikationsdisziplinen und ins Business hinein, bereichs- und hierarchieübergreifend. Der zentrale Hebel: Vertrauen. Integrierte Kommunikation entsteht nicht durch Tools, sondern durch offene, vertrauensvolle Zusammenarbeit über Teamgrenzen hinweg. Bei RWE war die Bewältigung der Energiekrise ein gutes Beispiel dafür, dass transparente, integrierte Kommunikation außergewöhnliche Situationen meistern kann. Nur so konnten wir unter enormem Zeit- und Erwartungsdruck die kommunikativen Aufgaben bewältigen und zugleich die Transformation des Unternehmens vorantreiben.
Matthias Link, Knauf

Integrierte Kommunikation funktioniert nur, wenn Zielgruppen wichtiger sind als Abteilungsgrenzen. Wer nicht weiß, wen er mit welchem Ziel erreichen will, redet nur über Taktik, nicht über Wirkung. Erst wenn das klar ist, kann man – im besten Sinne integriert – zusammenwirken. Dabei helfen klare Zuständigkeiten, schnelle Abstimmungen und einfache Werkzeuge statt Prozess- und Meeting-Overkill. Der Rest ist Mut: offen zu reden, Widersprüche zu benennen und Informationen zu teilen. Plus eine Portion Goodwill und gesunden Menschenverstand. Am Ende zählt das schlüssige Gesamtbild.
Susanne Marell, Schwarz Corporate Solutions

Wir alle wissen, wie wichtig integrierte Kommunikation ist – und doch sieht die Realität oft anders aus. Aus meiner Erfahrung kann es nur dann gelingen, wenn Kultur, Struktur und Tools gemeinsam wirken. Die Grenzen zwischen Abteilungen und Teams überwinden wir nur auf einer Basis von gelebter Offenheit, Transparenz und einem gemeinsamen Zielverständnis. Um das zu ermöglichen, braucht es ebenso klare Prozesse und definierte Austauschformate. Die passenden Kommunikationstools können all das ideal unterstützen und uns das Leben deutlich leichter machen. Stimmt dieser Dreiklang, entsteht Kommunikation, die relevant ist, über alle Kanäle wirkt und das gesamte Unternehmen stärkt.
Anke Schmidt, Fresenius

Hand aufs Herz: Integrierte Kommunikation ist für mich ein wichtiges, aber auch ein hohes Ziel. Noch vor jeder Maßnahme kommt es deshalb auf das richtige Mindset an: Wie arbeiten wir zusammen und wie gehen wir miteinander um? Integriertes Arbeiten heißt Wissen teilen, zuhören, Neues wagen und aus Erfolgen wie Fehlern lernen. Immer gespickt mit einer gesunden Portion kollektiven „Wunschdenkens“, die uns anspornt, dranzubleiben. In der Kommunikation bei Fresenius eint uns dabei ein starkes, gemeinsames Ziel: Wir machen die Mission des Unternehmens – Menschenleben zu retten und zu verbessern – erlebbar. Das motiviert enorm.
Caren Alpeter, ISTA

Früher galt: Ein Thema – viele Kanäle. Heute zählt: Ein Erlebnis – viele Perspektiven. Integrierte Kommunikation ist keine Struktur-, sondern eine strategische Gestaltungsaufgabe. Zielgruppen erwarten konsistente, kontextstarke Erlebnisse über alle Touchpoints hinweg. Entscheidend ist ein gemeinsames Kommunikationsverständnis: Kommunikation als lebendiges System zu denken – vernetzt, nutzerorientiert, wirksam. Erfolg hat, wer disziplinübergreifend plant, adaptiv steuert und substanziell kommuniziert.
Florian Anders, Wolt Germany

Mein Aha-Moment war eine Krisensituation, in der plötzlich alle kommunikativen Silos fallen mussten – und aus der Not heraus echtes integriertes Arbeiten entstand. Was vorher an Abteilungsgrenzen scheiterte, funktionierte plötzlich: PR, Social Media, Customer Support, CRM und Produktkommunikation saßen gemeinsam an einem Tisch. Es wurde klar: Geschwindigkeit, Relevanz und Wirkung entstehen nur, wenn wir Zielgruppen denken – nicht Kanäle. Seitdem versuche ich, diese Haltung auch im Alltag zuverankern.
Maximilian Floegel, DB Schenker

Kulturell beginnt integrierte Kommunikation im Kopf – und beim Recruiting: Wer heute kommuniziert, braucht 360°- statt Abteilungsdenken, muss kanalübergreifend inszenieren können – jenseits klassischer Rollen wie PR, Marketingkommunikation oder Social Media. Strukturell gilt: so integriert wie möglich, so fokussiert wie nötig. TikTok ist nicht Pressearbeit – aber Haltung, Botschaft und Markenkern müssen überall stimmen. Dafür braucht es eine Positionierung, die nicht nur auf Papier steht, sondern im Team gelebt wird