„Kommunikation ist eine warme Disziplin“
- Prof. Dr. Christof Ehrhart, Robert Bosch GmbH
- 29. Apr.
- 10 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Mai
Prof. Dr. Christof Ehrhart verantwortet als Executive Vice President Unternehmenskommunikation & Regierungsbeziehungen beim Technologie- und Dienstleistungsunternehmen Robert Bosch GmbH. Zuvor leitete er unter anderem die weltweite Unternehmenskommunikation des Brief- und Logistikkonzerns Deutsche Post DHL Group, des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS (heute Airbus Group) und des Pharma-Unternehmens Schering AG. Der promovierte Politikwissenschaftler lehrt seit 2013 als Honorarprofessor Internationale Unternehmenskommunikation an der Universität Leipzig. Er ist Mitglied im Vorstand von Econsense – Forum nachhaltige Entwicklung der deutschen Wirtschaft e.V. und Vorstandsvorsitzender der Günter-Thiele-Stiftung für Kommunikation und Management. Ehrhart ist Kolumnist des Fachmagazins kommunikationsmanager und bloggt zu Themen der Kommunikation auf www.futureproofingpr.com. 2019 erschien sein Buch „Erfolgsfaktor PR – Impulse für die Unternehmenskommunikation“ im Verlag Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Herr Prof. Dr. Ehrhart, bei dem diesjährigen Marken Summit haben Sie zusammen mit Ihrem CEO, Dr. Stefan Hartung, den „Deutschen Image Award“ für Ihre strategische Kommunikationsarbeit verliehen bekommen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Prof. Dr. Ehrhart: Die Rede von einem Erfolgsrezept erscheint mir in diesem Zusammenhang eher vermessen. Kommunikativer Erfolg hängt von vielen Faktoren ab. Auch solchen, die man als Kommunikationschef kaum beeinflussen kann. Insofern ist hier eher Demut als Selbstüberschätzung geboten. Wenn man aber die gleiche Anerkennung mit sieben Jahren Abstand für die Positionierung eines ganz anderen Unternehmens ein zweites Mal erhält, dann fühlt man sich schon in dem bestätigt, was ich unser kommunikatives Geschäftsmodell nenne. Und das hat sich für mich sozusagen von der Briefmarke zum Sensor-Chip, also von DHL zu Bosch, nicht geändert. Ich setze auf eine Kommunikationsstrategie, die nicht nur Perzeptionsmanagement mit den klassischen massenmedialen Methoden wie Medienarbeit und Werbekampagnen betreibt. Vielmehr ergänzen wir dieses kontinuierliche Sendesignal mit gezieltem Zuhören im Rahmen von vielfältigen Formaten des Dialogs mit internen und externen Anspruchsgruppen. In der sinnvollen Kombination von Reputationsaufbau und Stakeholder-Engagement liegt aus meiner Sicht ein Schlüssel für gelingendes Kommunikationsmanagement, vor allem in Zeiten des gesellschaftlichen, politischen und technologischen Wandels.
Sie sind seit 2019 bei Robert Bosch. Was waren Ihre größten Herausforderungen in dieser Zeit?
Prof. Dr. Ehrhart: Um es mit Hamlet zu sagen: Wir erleben auch bei Bosch seit Jahren eine Zeit aus den Fugen. Das zeigt die fundamentale Infragestellung zuvor über Jahrzehnte tragender politischer Positionen wie der wohlstandsfördernden Wirkung der Globalisierung oder der Wirksamkeit des Multilateralismus, die für ein Unternehmen wie Bosch, das seit seinen Anfängen im späten 19. Jahrhundert weltweit agiert, natürlich immer wieder neuen externen, aber auch internen Erklärungsbedarf schafft. Besonders dann, wenn Krieg ausbricht, wie wir es nun leider auch wieder in Europa erleben. Gleichzeitig erfordert die Klimakrise einen fundamentalen technologischen Wandel zum Beispiel in der Mobilität oder beim Heizen bzw. Kühlen zu Hause. Das schafft große Chancen, aber gleichzeitig auch erhebliche Belastungen. Zu guter Letzt haben wir über Jahre unter den Bedingungen einer Pandemie gearbeitet und kommuniziert. Die aktuell weltwirtschaftlich sehr verhaltene Entwicklung, mit der natürlich auch Bosch umgehen muss, ist gleichsam das Resultat aller genannten Komplexitäten. Wenn man hier die kommunikative Quersumme zieht, dann zeigt sich ein Umfeld, das von Dilemma-Konstellationen geprägt ist, in denen es nicht nur richtig oder falsch bzw. Chance oder Risiko gibt. Vielmehr zeigt sich aktuell häufig beides gleichzeitig. Hier richtig zu beraten, war die eigentliche Herausforderung der vergangenen Jahre. Der Rest ist im Kern Handwerk.
Wie hat sich die Unternehmenskommunikation bei Bosch in den letzten Jahren weiterentwickelt? Worauf legen Sie besonders Wert?
Prof. Dr. Ehrhart: Das genannte kommunikative Geschäftsmodell erfordert Kompetenzen und Ressourcen vor allem in drei Dimensionen: Deutung, Daten und Dialog. Hier haben wir seit meinem Beginn bei Bosch aufbauend auf dem hohen Vertrauen, das Marke und Unternehmen traditionell genießen, gemeinsam neue Akzente gesetzt. Mit dem Ziel der Deutung planen wir die Schwerpunkte unserer Arbeit in der ganzen Bandbreite zwischen klassischer Unternehmenskommunikation, Markenpositionierung und Stakeholder-Beziehungen in einem jährlichen Prozess und setzen Schwerpunkte mit strategischen Projekten, an denen sich Kolleginnen und Kollegen unabhängig von Hierarchie und Standort beteiligen können. KI-unterstützte Datenauswertung mit dem Ziel der realistischen und übersichtlichen kommunikativen Lageeinschätzung gibt unserer operativen Kommunikationsarbeit täglich Orientierung und dient auch dem Abgleich mit den Erwartungen und Einschätzungen des Top-Managements. Zugleich steuern wir so die zielgenaue Ausspielung von Inhalten zur Erreichung unserer strategischen Ziele. Ein völlig neues Kapitel haben wir mit vielfältigen dialogischen Formaten und innovativen Technologien wie Chatbots für den Austausch mit internen und externen Stakeholdern aufgeschlagen. Die Rückkanäle der Kommunikation, die hier entstanden sind, helfen vor allem, wenn es um die bereits erwähnten Dilemma-Konstellationen geht.
Wenn Sie von einem „kommunikativen Geschäftsmodell“ sprechen, was genau meinen Sie damit?
Prof. Dr. Ehrhart: Damit beziehe ich mich auf ein nachvollziehbares und wirksames Konzept, auf dessen Grundlage das Kommunikationsteam seinen Beitrag zur Erreichung strategischer Unternehmensziele leistet. Das muss weiter reichen als die Nutzung einzelner kommunikativer Chancen etwa in der Medienarbeit oder die Bewältigung klar umrissener Aufgabenstellungen wie die Bewältigung fundamentaler Veränderungen durch Transformationskommunikation. In meiner Sicht ist eine klare Sicht auf das Entstehen und die Wirkung des eigenen Leistungsbeitrags auch entscheidend, um die Wertschätzung für das Kommunikationsmanagement im Unternehmen zu steigern und auf Augenhöhe mit den etablierten Managementdisziplinen zu agieren. Wer nicht unterschätzt werden will, muss in einem Unternehmen nachvollziehbar erläutern können, welche Daseinsberechtigung die eigene Funktion hat.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um eine einheitliche Kommunikation über die rund 440 Tochter- und Regionalgesellschaften in über 60 Ländern sicherzustellen?
Prof. Dr. Ehrhart: Die Governance des Unternehmens legt uns ein umfassendes globales Mandat vor allem in allen Fragen der strategischen Unternehmenskommunikation, des Corporate Marketings und der Regierungsbeziehungen in die Hand. Es wäre aber wenig zielführend, daraus eine übergreifende Entscheidungsgewalt der Zentrale in allen Fragen abzuleiten. Wer hier Kontrolle will, muss vielmehr loslassen und über einen gemeinsamen Orientierungsrahmen steuern, der dann vor Ort mit Leben gefüllt wird. Genau das leistet unsere Strategie, die wir verkürzt die COMPA-Strategie – für Communications und Public Affairs – nennen und die der Fixstern in der Kommunikationswelt von Bosch ist, von der Schillerhöhe bis Shanghai, von Feuerbach bis Farmington Hills. Zudem haben wir als Transmissionsriemen zwischen dem Corporate Team in der Zentrale und den Kommunikationsverantwortlichen in den Märkten auch Regionalorganisationen für Europa, Amerikas & Australien und Asien-Pacific & Afrika etabliert, die jeweils im obersten Führungskreis unserer Funktion vertreten sind. Dadurch sind wir im kontinuierlichen Austausch nicht nur über deutsche Themen. Alles, was sich in der Bosch-Welt so tut, taucht früher oder später auf unserem Radar auf. Der Rest ist Vertrauen in die gute Arbeit der Kolleginnen und Kollegen, das fast nie enttäuscht wird.
Wie integriert Bosch das Markenmanagement in die Gesamtstrategie der Unternehmenskommunikation?
Prof. Dr. Ehrhart: Wir verfolgen insgesamt einen Ansatz der integrierten Kommunikation und dazu zählt natürlich auch das Markenmanagement, das eine Säule unserer Funktion ist und wesentliche Impulse in Marketing, Sponsoring, Messewesen und Werbung für die Weiterentwicklung unseres internen und externen Erscheinungsbilds leistet, bis hin zum Point-of-Sale. Dabei binden wir auch diese Disziplin in unsere strategische Planung ein, achten aber darauf, sie nicht zu strangulieren, sondern von der Kreativität und Durchschlagskraft v.a. der werblichen Auftritte zu profitieren. Umgekehrt sind zum Beispiel unsere Präsenzen auf großen Messen wie der CES in Las Vegas, der IAA in München oder der Hannover Messe kommunikative Gesamtkunstwerke, die neben Live-Kommunikation und Werbung eben auch Medienarbeit und Stakeholder-Betreuung brauchen, um vollends zu gelingen. Eine oft unterschätzte, aber mir besonders wichtige Disziplin ist das Brand Design, wo meine Kolleginnen und Kollegen einen wirklich guten Job beim Schutz, aber auch bei der Weiterentwicklung unserer Marke machen. Zu guter Letzt: Die Markenreputation als zentraler Bewertungsmaßstab für unsere Arbeit wird in unserem Markenmanagement regelmäßig gemessen und bewertet.
Die #LikeABosch-Kampagne ist seit Ihrem Start im Jahr 2019 sehr erfolgreich. Wie entstand die Idee dazu, und wie messen Sie den Erfolg solcher Kampagnen?
Prof. Dr. Ehrhart: Die #LikeABosch-Kampagne ist ein Flaggschiff unserer Kommunikation und damit ist meinem Kollegen Boris Dolkhani und seinem Team schon vor meiner Ankunft bei Bosch ein wirklich großer Wurf gelungen. Ursprünglich sollte die Kampagne vor allem Bosch stärker im Bereich der digitalen Technologien bis hin zum Internet der Dinge positionieren und zugleich mit einem Augenzwinkern als sehr innovatives Unternehmen zeigen. Mehr als ein halbes Dutzend sehr erfolgreiche Kampagnen-Flights und mutige Exekutionen weiter, unter anderem mit einem Rap-Auftritt der Fantastischen Vier, ist die #LikeABosch-Kampagne zum sprichwörtlichen Beleg für die konsequente Zukunftsorientierung unseres Unternehmens geworden, ohne unsere Wurzeln zu verraten. Natürlich messen wir diesen Erfolg in allen klassischen Dimensionen und wissen so, dass wir zum Beispiel seit 2019 insgesamt mehr als eine Milliarde Werbekontakte weltweit generiert haben. Für mich aber viel wichtiger: Die Kampagne hat auch im Unternehmen höchste Akzeptanz und findet zum Beispiel in unserer Führungskräftekommunikation genauso Verwendung wie in der gezielten Verkaufskommunikation der Geschäftsbereiche. Das ist aus meiner Sicht für unser Marketingteam der Ritterschlag.
Auf dem Marken Summit haben Sie im Talk mit Dr. Stefan Hartung gesagt, dass Sie in der Positionierung eine mittlere Flughöhe anstreben, da mit Flughöhe auch Fallhöhe entsteht. Wann und woran erkennen Sie, wenn Sie diese mittlere Flughöhe verlassen haben, und welche Maßnahmen leiten Sie dann ein?
Prof. Dr. Ehrhart: Zunächst einmal: Das Ziel mittlere Flughöhe gilt aus meiner Sicht nicht nur für den CEO, sondern empfiehlt sich für ein großes Unternehmen insgesamt. Über- wie Unterpositionierung bergen gleichermaßen Risiken zwischen Verlust der Bodenhaftung mit entsprechender medialer Begleitung auf der einen Seite und zu geringer Wahrnehmung mit Folgen für die erforderliche Relevanz im gesellschaftlichen Diskurs auf der anderen. Wir messen Menge und Sentiment der veröffentlichten Meinung sehr systematisch und ziehen daraus ebenso Schlüsse wie aus gezielten Analysen der öffentlichen Meinung zu bestimmten Themen. Und wir analysieren auch regelmäßig die interne Stimmungslage und gleichen sie mit der öffentlichen Wahrnehmung ab. Verkürzt kann man sagen: Viel hilft viel ist in der Positionierung eines weltweit agierenden Unternehmens und seines Managements keine empfehlenswerte Daumenregel, zumal in komplexen Zeiten. Und man muss auch nicht auf jeden medialen Zug aufspringen, sondern kann selbst entscheiden, wann man Präsenz zeigt und wann nicht. Wir dosieren gezielt. Der mediale Flug zu den Sternen wird in meiner Erfahrung sehr schnell zum Flug des Ikarus.
Bosch führt jedes Jahr die Rangliste der Patentanmeldungen in Deutschland mit großem Abstand an. Was ist bei der Kommunikation von Innovationen besonders zu beachten?
Prof. Dr. Ehrhart: Das Motto von Bosch lautet Technik fürs Leben und basiert auf einer Formulierung von Robert Bosch selbst. Wir machen Technik nicht um der Faszination der Technik willen, sondern um im Leben der Menschen einen Unterschied zu machen, weil wir es sicherer, nachhaltiger, komfortabler oder faszinierender für sie machen. Das ermöglicht dann auch unseren wirtschaftlichen Erfolg, denn nur so wird Skalierung über breiten Markterfolg möglich. Und unsere klassischen Produkte wie Power-Tools für Heimwerker und Profis, ABS und EPS für die Mobilität oder Küchengeräte für jeden Haushalt stehen genau dafür. Insofern geht es uns bei der Innovationskommunikation weniger um die großen Zahlen wie etwa bei Patentanmeldungen, deren Dokumentation wir natürlich gerne sehen. Wir wollen vielmehr vermitteln, welchen Wertbeitrag unsere Technik für die Nutzerinnen und Nutzer bringt. Dafür veranstalten wir gezielt Events für Medienvertreter wie den Bosch Tech Day oder die Bosch Mobility
Experience. Und das ist auch der Grund, warum wir weiterhin sehr großen Wert darauf legen, unsere Technik auf Messen auch physisch anfassbar zu machen. Wenn Sie so wollen, dann betonen wir fürs Leben genau so stark wie Technik.
Im Juli hat Bosch die 8-Milliarden-Übernahme des Heiz- und Klimatechnikgeschäfts von Johnson Controls kommuniziert. Welche kommunikativen Herausforderungen ergaben sich im Rahmen der Ankündigung dieser größten Übernahme in der Firmengeschichte?
Prof. Dr. Ehrhart: Wir haben die Kommunikation zur geplanten Übernahme des Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungsgeschäfts für Wohn- und kleine Gewerbegebäude von Johnson Controls und Hitachi im Kern eher als große Chance denn als fundamentale Herausforderung betrachtet. Natürlich gilt es bei einer solchen Transaktion immer sehr genau die Regularien des Kapitalmarkts zu beachten, weshalb auch sehr vieles unter größter Geheimhaltung vorbereitet werden musste. Zudem waren wir sehr darauf konzentriert, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den für uns neuen Geschäften vom ersten Tag der Kommunikation an ein klares Bild davon zu vermitteln, wer wir sind und welche Ziele wir verfolgen. Das ist, soweit wir das heute beurteilen können, gut gelungen, und auch die Aufnahme in der Geschäftswelt und im Unternehmen war sehr wohlwollend. Wir haben mit diesem Schritt belegt, dass Bosch es mit seiner Wachstumsstrategie 2030 sehr ernst meint und weltweit eine führende Position in einem sehr zukunftsträchtigen Markt anstrebt.
Welche Kompetenzen sollten junge Kommunikationsprofis heute mitbringen?
Prof. Dr. Ehrhart: Ich suche schon mein ganzes Berufsleben lang immer nach drei Schlüsselkompetenzen, wenn ich selbst nach Kommunikationstalenten Ausschau halte. Die Fähigkeit und den Willen zur Reduktion von Komplexität, auch wenn man wenig Zeit hat und die Situation unübersichtlich ist. Dafür muss man sich konzentrieren können, auch unter Druck klar denken und bei Bedarf mutig sein, wenn andere ängstlich bleiben. Zweitens: So platt es klingt: Kommunikationstalent, sei es für Schreiben, Sprechen oder Gestalten im weitesten Sinne. Wer nicht auf einem Blatt Papier oder gerne auch in einer E-Mail oder Voice-Mail einen tanzenden Stern hervorbringen kann, wie Nietzsche das genannt hat, der wird es in unserer Disziplin schwer haben. Ein Tipp für alle, die das üben wollen: Viel Lesen und Schreiben hilft. Zuletzt, ein hohes Energieniveau, um andere anstecken zu können und auch den Kopf dann nicht in den Sand zu stecken, wenn die schlechten Nachrichten mal dominieren.
Viel hilft viel ist in der Positionierung eines weltweit agierenden Unternehmens keine empfehlenswerte Daumenregel.
Welches Buch würden Sie jedem Kommunikationsprofi empfehlen?
Prof. Dr. Ehrhart: Ich bin ein echter Vielleser und für alle Fachliteratur und Belletristik, die mir wichtig wäre, reicht der Platz hier nicht. Daher mit einem Augenzwinkern und für die Haltung: Albert Camus, Der Mythos des Sisyphos. Den Stein rollen kann glücklich machen, wenn die Einstellung stimmt. Und: Jean-François Lyotard, Das postmoderne Wissen. Zur Beantwortung der Frage, warum die Welt so aus den Fugen ist.
Wie blicken Sie als Kommunikationschef von Robert Bosch rückwirkend auf das Jahr 2024 zurück? Welche Entwicklungen oder Ereignisse haben Sie in diesem Jahr besonders beschäftigt, auch mit Blick auf die gesamte Kommunikationsbranche?
Prof. Dr. Ehrhart: Was die fundamentalen Trends angeht, so ist in 2024 vor allem generative KI in der Breite von Wirtschaft und Gesellschaft angekommen. Während die Debatte um den angemessenen Einsatz in den angestammten Feldern menschlicher Kreation und Interaktion noch in vollem Gange ist, zeigen sich in unserer Profession schon die zukünftigen Umrisse eines augmentierten Kommunikationsmanagements, in dem die KI eine hilfreiche Ko-PilotenRolle übernehmen, den Menschen aber nicht ersetzen kann. Ansonsten war 2024 vor allem ein anspruchsvolles Jahr mit vielen politischen Entwicklungen, mit deren Folgen wir uns auch noch 2025 beschäftigen werden. Hier seien beispielhaft nur die Wahlen zum EU-Parlament, die US-Präsidentschaftswahlen und das Ende der Ampel-Koalition in Deutschland genannt. In Bezug auf Bosch ist es mir noch zu früh für einen Rückblick auf einzelne Ereignisse. Noch ist das Jahr nicht vorbei. Eines kann ich aber heute schon sagen. Die Leistung meines globalen Teams, dessen Arbeit der Deutsche Image-Award 2024 ja auch würdigt, war im Vorwärts- wie im Rückwärtsgang herausragend, sei es bei punktgenauer Vermittlung von Innovationen, Akquisitionen und Partnerschaften v.a. nach außen oder anspruchsvoller Transformations- und Restrukturierungskommunikation insbesondere nach innen. Das Engagement, die Kreativität, das Durchhaltevermögen und der Kampfgeist auch im Gegenwind haben mich begeistert. Ich ziehe meinen Hut.
Welche Trends sehen Sie im kommenden Jahr in der Unternehmenskommunikation auf sich zukommen?
Prof. Dr. Ehrhart: Ich bin kein großer Freund des Ausrufens von Trends für die Kommunikationsbranche. Seit ich vor mehr als 30 Jahren angefangen habe, Kommunikationsmanagement zu machen, werden immer wieder neue Trends heraufbeschworen, die alles völlig verändern werden. Tatsächlich ändern sich die Tools kontinuierlich, aber die Prinzipien bleiben ziemlich stabil. Und das hat einen Grund: Kommunikation ist eine warme Disziplin, die von Körpertemperaturen, Aufregungszuständen und Blutdruck gesteuert wird. Daran wird sich so lange nichts ändern, wie Ziel der Kommunikation der Austausch zwischen Menschen ist. Wer die Menschen versteht, kann Kommunikationsmanagement. Wer die Menschen nicht versteht, dem hilft keine Technologie.
Die beiden Preisträger des Image Awards 2024: Bosch-CEO Dr. Hartung und Prof. Dr. Ehrhart beim Deutschen Marken Summit
Die Fragen stellte Gregor Vischer.